Dresden: LaToya Jackson – Star des Semperopernballs - WELT (2024)

Panorama Dresden

| Lesedauer: 4 Minuten

Von Judith Luig

Sie stahl wie erwartet allen die Schau: US- Sängerin LaToya Jackson war beim 5. Dresdner Semperopernball die ungekrönte Ballkönigin. Sie kam in einem eng anliegenden, silbernen Kleid. Der Ball machte den Glanz der Stadt wieder lebendig und lässt auf die Zukunft Dresdens hoffen.

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Spätestens in diesem Moment musste man sich in Dresden verlieben. Wolfgang Stumph, der TV-Prototyp des Sachsens, war über den Roten Teppich in Richtung Operneingang gelaufen, er hatte bei den Fernsehkameras halt gemacht und Fragen zu seinen Tanzfähigkeiten, seiner Laune und seiner Haltung zum fünften Semperopernball beantwortet.

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Jetzt drohte das glanzvoll erleuchtete Gebäude ihn zusammen mit den andern festlich dekorierten Menschen zu verschlucken. Da gellte ein verzweifelter Schrei durch die Menge: „Stumphi! Hier sind wir!“. Und Stumphi erhörte ihn. Er sprang aus dem Ballstrom, durchbrach die Reihen der Journalisten und zeigte sich seinem jubelnden Volk. Die Menschen waren glücklich. „Ah, der Stumphi“, seufzte eine Frau, die seit zwei Stunden auf diesen Moment gewartet hatte und vor lauter Begeisterung umarmte sie schnell ihre Freundin, die neben ihr stand.

Ja, die Dresdner waren da. Fünftausend sollen es gewesen sein, die sich auf dem Theaterplatz zum „Semper-Openairball“ bei Temperaturen knapp unter Null Grad tummelten – doppelt so viele wie in der Oper.

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Die sächsische Beharrungskraft ließ die Leute die Kälte vergessen. Sie tranken selbst mitgebrachten Sekt und Glühwein aus Thermoskannen, tanzten Walzer und kommentierten das Gästeschaulaufen. Vergessen war der ganze Ärger um die Waldschlösschenbrücke im letzten Jahr und auch der Skandal des Semperobernballs 2009, bei dem der Georgsorden ausgerechnet an Wladimir Putin verliehen wurde.

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Der Semperopernball macht den Glanz der Stadt wieder lebendig. Da will man dabei sein. Und man will mitreden: Mit einem freudigen „Oh“ begrüßte die Menge Gotthilf Fischer, Sara Nuru, die Gewinnerin von „Germany's Next Topmodel“, sorgte für Diskussionen über den Wahn der Heidi Klum, Dieter Wedel wurde nicht so recht beachtet und Edmund Stoiber musste sich sogar ein kollektives „Och nö“ gefallen lassen.

Eine richtige Masseneuphorie gab es dann erst wieder für Sachsens König. Als Kurt Biedenkopf, der ehemalige Landesvater, den roten Teppich betrat, hatte man für einen Moment das Gefühl, Sachsen sei eigentlich doch noch eine Monarchie. König Kurt und Kronprinz Stumphi. Dazu passte das LaToya Jackson, der internationale Stargast des Abends, ein Kleid trug, in dem sie wirkte, wie nicht von dieser Welt. Sie hätte zur Komplettierung der Königsfamilie durchaus als böse Fee im Fantasy-Märchen durchgehen können. Der Ballordens ging posthum an ihren Bruder Michael Jackson.

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Drinnen, in der Oper, hatten 300 Handwerker und Techniker vier Tage und Nächte lang daran gearbeitet Saal, Ränge und Nebenräume balltauglich zu machen. „Fast schon ein kleines Konjunkturprogramm für die heimische Wirtschaft“, kommentierte die Sächsische Zeitung, neben dem MDR der offizielle Ballberichterstatter. Allein der Umbau kostete über 200.000 Euro – da war es dann nicht mehr sehr verwunderlich, dass selbst die billigsten Karten, die Flanierkarten, 150 Euro kosteten – die Getränke musste man dann selbst bezahlen.

Zum Essen war es klüger, sich einfach auf dem Theaterplatz eine Thüringer im Brötchen zu holen – das taten dann auch ein paar der Gäste, die der Hummer und sein Preis abschreckte. Wer in der Oper essen will, der braucht im Grunde eine Loge und für die muss man 15.000 Euro hinlegen.

Berlin längst abgehängt

Über Dresdens Ball hängt der ewige Vergleich mit der großen Schwester aus Wien. Die Regierungsbälle in Berlin hat man längst abgehängt. Der Semperopernball ist vielleicht noch nicht, wie es Opernballchef Hans-Joachim Frey immer beschwört, „das gesellschaftliche Ereignis der Bundesrepublik“, aber man arbeitet dran.

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In Wien beschwert man sich seit ein paar Jahren, dass der dortige Opernball vor allem an die russische Oligarchie ausverkauft wird, Dresden aber ist trotz der imposanten Kulisse noch deutlich regional geprägt.

Die Dankesrede von Georgsordenträger José Carreras wurde ins sächsische übersetzt – eher unbeabsichtigt wohl, und Laudator Peter Maffay wurde auf der Tanzfläche von einem Chemnitzer bestürmt. „Ich muss ihnen einmal die Hand schütteln“, sagt der Mann und griff zu. „Sie haben bei mir mal Schuhe gekauft. In Chemnitz.“ - „So“ sagte Peter Maffay, „welche Größe habe ich?“ – „38!“

Aus Berlin reist man noch nicht so zahlreich an für den Ball, Innenminister Thomas de Maizière vertrat ein bisschen einsam die Bundespolitik, Mariella Ahrens Gräfin von Faber Castell die Seite der High Society. Aber das könnte sich bald ändern.

Der Anteil der Münchner Schickeria hat auf jeden Fall schon deutlich zugenommen. „Dresden dreht sich.“ So beschwört es das diesjährige Motto des Semperopernballs zur Melodie des Kaiserwalzers. Dresden dreht sich. Aber wohin?

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